Seit dem 3. Dezember 2011 sind die aus der Stevia-Pflanze gewonnenen Steviolglykoside als Süßstoff unter der Nummer E960 in Europa zugelassen. Grund für die Zulassung ist eine positive Bewertung der Sicherheit von Steviolglycosiden durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority – EFSA). Parallel mit der Zulassung wurde auch ein ADI-Wert (acceptable daily intake/tolerante tägliche Aufnahmemenge) festgelegt, um Verbrauchern eine Orientierung für einen unbedenklichen Konsum zu geben.
Die bisherigen Annahmen der Unbedenklichkeit basieren auf den Steviolglykosiden. Steviolglykoside sind Verbindungen aus Steviol und Glukosemolekülen. Zu den zugelassenen Steviolglykosiden gehören Rebaudiosid A, Rebaudiosid C, Rebaudiosid D, Rebaudiosid E, Rebaudiosid F, Steviosid, Steviolbiosid, Rebusosid und Dulcosid A. Für die chemische Gewinnung von E960 gibt es gesetzlich definierte Reinheitsanforderungen. So muss der Süßstoff eine Reinheit von mindestens 95 % besitzen und davon zu mindestens 75 % aus Steviosid und/oder Rebaudiosid A bestehen. Die Zusammensetzung der Steviablätter ist jedoch viel komplexer und kann je nach Standortbedingungen schwanken. Nur aus diesem Grund ist die Zulassung für alle Lebensmittelgruppen noch nicht erreicht.
Da Steviablätter schon vor 1997 zum Süßen von Tee-, Kräuter- und Fruchtaufgüssen verwendet wurde, unterliegt der Einsatz von Stevia in diesem Sinne nicht der Novel-Food-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 258/97 über neuartige Lebensmittel). Deshalb sind Steviablätter als Zutat in Tee und teeähnlichen Erzeugnissen erlaubt. Der Einsatz in anderen Lebensmitteln ist bisher nicht zugelassen. Dies liegt an fehlenden Langzeitstudien und potenziellen Investoren, die diese Studien finanzieren würden. Bisher gibt es jedoch keinerlei Hinweise auf eine schädigende Wirkung von Stevia. Eine berechtigte Frage ist auch, warum Steviablätter in Tee und teeähnlichen Erzeugnissen nicht schädlich sein sollen, aber dafür in anderen Lebensmitteln?!
Auf Grundlage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs von 2011 können alle europäischen Behörden der Lebensmittelaufsicht selbstständig prüfen, ob Stevia ein traditionelles Lebensmittel ist. Das bayerische Verwaltungsgericht in München hat 2004 und 2011 bestätigt, dass Stevia nicht unter die Novel-Food-Verordnung fällt.
Quellen
Urteil: Verwaltungsgericht München 2004, M 4 K 03.4528, 13. Mai 2004: Stevia kein Novel Food
Urteil: Verwaltungsgericht München 2011, M 18 K 11.1445, 26. September 2011: Stevia kein neuartiges Lebensmittel
Bundeszentrum für Ernährung, Steviakraut und Steviaextrakt, Jahr k.A.: https://www.bzfe.de/inhalt/steviakraut-und-stevia-extrakte-1552.html
Süßling, Christina et al., Der Steviaratgeber: Eine Pflanze auf Siegeszug, Jahr 2012: https://www.reformhaus.de/fileadmin/user_upload/01_Themen/01_Gesundheit/01_Ernaehrung/Zuckerersatz__Stevia__Sucolin_und_Birkenzucker/zuckerersatz-stevia-ratgeber.pdf