Gerüchteküche

Stevia schmeckt eklig“

Die Steviapflanze hat einen leicht bitteren Nachgeschmack, der von Pflanze zu Pflanze schwankt. Bei dem Süßstoff E960 (Steviolglykoside) ist dieser Geschmack stärker wahrnehmbar. Dies liegt daran, dass das Steviolglykosid Steviosid für den bitteren Beigeschmack verantwortlich ist und E960 nach rechtlichen Vorgaben zu mind. 75 % aus Steviol oder Rebaudiosid A bestehen muss. Die aktiven Komponenten der Stevia-Pflanze (Stevioside, Steviol) stimulieren den Ionenkanal TRMP5. Dieser ist verantwortlich für die Geschmackswahrnehmungen süß, bitter und umami auf der Zunge. Die Geschmackswahrnehmung wird durch das Steviol verstärkt. Daraus folgt die extreme Süße und der bittere Nachgeschmack des Stevias. Die Gewöhnung an Stevia findet jedoch relativ schnell statt. Vor allem Kinder haben in der Regel weniger Probleme mit dem veränderten Geschmacksprofil, da sie im Gegensatz zu Erwachsenen noch nicht durch den „normalen“ Zuckergeschmack geprägt sind.

Stevia ist gesundheitsschädlich“

Nein, Stevia ist nicht gesundheitsschädlich. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat Stevia 2010 auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit hin geprüft und konnte keine Schädlichkeit feststellen. Sie bezieht sich dabei auf einen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2008. Wie jedoch bei jedem anderen Stoff, sollte auch Stevia eine Verträglichkeitsgrenze zugestanden werden. Selbst reines Wasser ist bei einer sehr hohen Aufnahme für den Organismus schädlich. Für Steviolglykoside wurde von der EFSA und der WHO ein ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) von 4 mg/kg Körpergewicht pro Tag festgelegt. Diese Menge kann also ein Leben lang jeden Tag ohne Bedenken aufgenommen werden. Da dieser Wert mit einem hohen Sicherheitsfaktor berechnet wurde, hat auch eine kurzzeitige höhere Aufnahme keine negativen Auswirkungen. Der ADI-Wert ist bei dem Süßstoff E960 schneller erreicht als bei den reinen Steviablättern. Dies liegt daran, dass E960 fast ausschließlich aus Steviolglykosiden besteht.

Stevia schädigt die Zähne“

Stevia verursacht im Gegensatz zu Haushaltszucker keine Karies. Ganz im Gegenteil konnten Studien sogar zeigen, dass durch Stevia keine für die Zähne schädlichen Säuren im Mund gebildet werden und sie Plaque-hemmend wirkt. Dies wird auch von unabhängigen Zahnärzten bestätigt.

Stevia verursacht Krebs“

Es gibt nicht den geringsten wissenschaftlichen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Steviaaufnahme und der Entstehung von Krebszellen. Ein unabhängiger Kreis von renommierten Wissenschaftlern der EFSA hat verschiedene Studien im Rahmen der Bewertung von Stevia bewertet und konnte keinerlei krebserregende Wirkung durch Steviosid und Rebaudiosid feststellen. Diese Aussage wird auch von der WHO gestützt.

Stevia macht Impotent“

Stevia verursacht keine Impotenz. Toxikologische Tests haben gezeigt, dass Stevia keine negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane des Menschen hat. Das bestätigte im April 2010 auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Durch Stevia wird unser Erbgut verändert“

Stevia ist nicht genotoxisch, hat also keinerlei Einfluss auf unser Erbgut. Auch diesen Aspekt hat die EFSA in ihrer Bewertung berücksichtigt und konnte keine Veränderungen des Erbguts durch Stevia feststellen.

Stevia verursacht Heißhunger“

Süßstoffe stehen unter dem Verdacht Heißhunger auszulösen. Durch den süßen Geschmack soll Insulin freigesetzt und dadurch der Blutzuckerspiegel abgesenkt werden, sodass unser Körper Hunger signalisiert, um den Blutzuckerspiegel wieder zu normalisieren. Diese Annahme wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt wissenschaftlich belegt. Eine Studie von Jeppesen et al. (2002) untersuchte diesen Effekt und konnte keine Insulinausschüttung durch Stevia bei gesunden Menschen feststellen.

Mit Süßstoffen kann unnötige Energie eingespart werden. Wenn der Körper jedoch gerade Energie benötigt, dann können Süßstoffe nicht helfen, da sie nicht satt machen. Aus diesem Grund kann das Gefühl entstehen, durch Süßstoffe mehr Hunger zu bekommen.

Quellen

European Food Safety Authority (EFSA), Scientific Opinion on the safety of steviol glycosides for the proposed uses as a food additive, Jahr 2010: https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2010.1537

Philippaert K et al., Steviol glycosides enhance pancreatic beta-cell function and taste sensation by potentiation of TRMP5 channel activity, Nature Communications 8:14733, Jahr 2017

Jeppesen PB et al., Stevioside Acts Directly on Pancreatic β Cells to Secrete Insulin: Actions Independent of Cyclic Adenosine Monophosphate and Adenosine Triphosphate-Sensitive K+- Channel Activity. Metabolism 49(2):208-214, Jahr 2000

Süßstoff Verband e.V., Irrtum – Süßstoffe machen hungrig!, https://www.suessstoff-verband.info/suessstoff-wissen/haeufige-irrtuemer/suessstoffe-machen-hungrig/, Jahr k.A.