Blutzuckerspiegel und Insulinsensitivität
Stevia hat keine negativen Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Ganz im Gegenteil wird sogar eine blutzuckerregulierende Funktion vermutet. Daher können auch Diabetiker Stevia als alternatives Süßungsmittel einsetzen.
Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung, die sich durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel, auch Hyperglykämie genannt, auszeichnet. Der Blutglukosegehalt wird bei einem gesunden Menschen durch die Hormone Insulin und Glukagon bei ungefähr 100 mg/dl gehalten. Insulin senkt den Blutzuckerspiegel, wenn dieser zu hoch ist und der Gegenspieler Glukagon erhöht diesen bei zu niedrigen Werten. Bei Diabetes mellitus ist dieses Gleichgewicht gestört, da ein Insulinmangel vorliegt. Dieser kann absolut sein, sodass gar kein Insulin mehr vom Körper produziert wird oder relativ, wenn der Körper zu wenig Insulin produziert. Es gibt unterschiedliche Formen von Diabetes mellitus. Es wird zwischen Typ I und Typ II unterschieden. Typ I wird auch als „Kinder- und Jugenddiabetes“ bezeichnet, da die Erkrankung oft in jungen Jahren auftritt. Diabetes mellitus Typ I kommt durch eine autoimmune Zerstörung der β-Zellen zustande, die Insulin herstellen. Autoimmun bedeutet, dass der Körper diese körpereigenen Zellen nicht akzeptiert und deshalb bekämpft. Diese Form des Diabetes hat also genetische Ursachen. Diabetes mellitus Typ II wird hingegen hauptsächlich durch Umweltfaktoren verursacht beziehungsweise begünstigt. Bei dieser Form hat der Erkrankte eine verminderte Insulinwirkung, sowie eine unzureichende kompensierende Insulinproduktion. Der Typ II Diabetes wird auch heute noch häufig als „Altersdiabetes“ bezeichnet, da hauptsächlich ältere Menschen daran erkranken. In den letzten Jahren entwickelte sich diese Erkrankung jedoch zunehmend auch bei jüngeren Menschen. Ursachen sind genetische Dispositionen und Umweltfaktoren, wie eine falsche Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht. Innerhalb von 30 Jahren hat sich die Anzahl der Erkrankten verdoppelt. In Deutschland sind 300.000 Menschen von Diabetes Typ I betroffen, sowie 4,8 Millionen von Typ II. Für die Zukunft wird ein weiterer Anstieg erwartet. Bei unzureichender Umstellung der Lebensgewohnheiten und falsch eingestellter Therapie, können schwerwiegende Folgeerkrankungen wie beispielsweise Herz-Kreislaufprobleme, Nervenschädigungen, Durchblutungsstörungen und Sehstörungen auftreten.
Die EFSA hat Steviolglykoside auch auf ihre Bedeutung für den Blutzuckerspiegel und die Insulinsensitivität bewertet. Ein Teil der Studien wies einen blutzuckersenkenden Effekt bei an Diabetes mellitus Typ II erkrankten Menschen auf. Bei anderen Studien waren die Ergebnisse wiederrum nicht aussagekräftig.
In Bezug auf die Auswirkungen von Stevia auf den Blutzuckerspiegel gibt es jedoch auch äußerst aussichtsreiche Studien. Eine neuere Studie von 2017 (Philippaert et al.) hat festgestellt, dass die aktiven Komponenten der Stevia-Pflanze (Steviosid, Steviol) den Ionenkanal TRMP5 auf unserer Zunge stimulieren. Dieser ist zum einen verantwortlich für die Geschmackswahrnehmungen süß, bitter und umami und gewährleistet zum anderen, dass die Bauchspeicheldrüse genug Insulin abgibt. Die Wissenschaftler stellten anhand von Mäusen fest, dass Mäuse, die Nahrung mit einem hohen Fettanteil erhielten Diabetes entwickelten. Erhielten Mäuse jedoch parallel dazu eine tägliche Dosis Steviosid, dann wurde die Entwicklung von Diabetes verhindert. Stevia hatte diesen protektiven Effekt nicht auf Mäuse ohne TRMP5. Der Rezeptor kann also durch die Stimulation mit Stevia dabei helfen, enorm hohe Blutzuckerspiegel zu verhindern. Diese Studie gibt, wie auch andere Studien einen Hinweis auf eine mögliche pharmakologische Wirkung von Stevia zur Prävention von Diabetes mellitus Typ II. Um dies zu bestätigen sind jedoch weitere Studien und vor allem Humanstudien notwendig.
Ob Stevia einen positiven Effekt auf den Blutzuckerspiegel hat, ist noch nicht hinreichend bewiesen. Einen negativen Effekt hat die Pflanze jedoch nicht auf unseren Organismus. Der Einsatz von Stevia ist daher vor allem für Diabetiker eine gute Alternative.
Quellen
European Food Safety Authority (EFSA), Scientific Opinion on the safety of steviol glycosides for the proposed uses as a food additive, Jahr 2010: https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2010.1537
Philippaert K et al., Steviol glycosides enhance pancreatic beta-cell function and taste sensation by potentiation of TRMP5 channel activity, Nature Communications 8:14733, Jahr 2017
Cornelia A. Schlieper, Grundfragen der Ernährung, Jahr 2007
Semler Edmund, Stevia rebaudiana Bertoni – Süßer Genuss ohne Reue?, Jahr: http://www.academia-diaetetica.de/pdf/Semler%20E%20%28Stevia,%20ZKM%202013%29.pdf
Madan Swati et al, Stevia rebaudiana (Bert.) Bertoni A Review, Jahr 2008: http://nopr.niscair.res.in/bitstream/123456789/10287/1/IJNPR%201(3)%20267-286.pdf